Erwerbstätigenkonto im Sinne des Weissbuchs 4.0

Die Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten e.V. (AG ZWK) begrüßt als unabhängiger Fachverband eine Politik, die eine lebensphasenorientierte Arbeitszeit und flexible Übergänge in den Ruhestand fördert. In Deutschland von einer Vielzahl großer und mittelständischer Unternehmen eingeführte Zeitwertkontensysteme verfolgen bereits heute dieses Ziel. Es sind die Rahmenbedingungen für diese Zeitwertkonten, die optimiert werden sollten, bevor ein neuer Kontentyp für Erwerbstätige entwickelt wird.

Das Weissbuch Arbeiten 4.0 schlägt die Entwicklung eines „staatlich verwalteten persönlichen Erwerbstätigenkontos“ vor, um die Beschäftigungsfähigkeit in der Perspektive des Lebensverlaufes zu stabilisieren und Übergänge zu  unterstützen. Die AG ZWK begrüßt als unabhängiger Fachverband eine Politik, die eine lebensphasenorientierte Arbeitszeit und flexible Übergänge in den Ruhestand fördert.

Die in Deutschland bestehenden Zeitwertkonten verfolgen bereits heute dieses Ziel. Sie können von Arbeitnehmern nachhaltig ein ganzes Erwerbsleben für individuelle Freistellungsphasen bespart, Guthaben zu wechselnden Arbeitgebern und sogar zur Deutschen Rentenversicherung transferiert werden. Das Instrument der Zeitwertkonten ist mit unserem nationalen Arbeits-, Beitrags- und Steuerrecht kompatibel. Zeitwertkonten sind in Deutschland etabliert und werden von vielen innovativen Unternehmen erfolgreich genutzt. Sie können sowohl durch den Arbeitgeber als auch durch den Staat gefördert werden. Eine minimale staatliche Förderung in Form steuerfreier Aufstockungen kennen Zeitwertkonten allerdings derzeit nur für den Freistellungszweck der Verkürzung der Lebensarbeitszeit
mittels der Spezialform Altersteilzeit. Zeitwertkonten suchen in Europa ihres Gleichen.

Wir sind daher der Auffassung, dass die Rahmenbedingungen für dieses innovative und besonders flexible Instrument der Personalwirtschaft zunächst optimiert werden sollten, bevor man sich daran macht, das Instrumentarium zu erweitern. Insbesondere sollte eine bessere Kompatibilität mit anderen bereits eingeführten Instrumenten zur Arbeitszeitflexibilisierung bzw. dem Übergang in den Ruhestand hergestellt werden, bevor ein neuer Kontentyp für Erwerbstätige entwickelt wird. Auch ob dabei eine staatliche Verwaltung notwendig bzw. ideal ist, sollte hinterfragt werden.

Zum Optimierungsbedarf gehört insbesondere die Beseitigung handwerklicher Fehler im Zusammenspiel von Zeitwertkonten und anderen Leistungen wie z.B. dem Elterngeld und den jüngst eingeführten Instrumenten Flexirente (2016) und Familienpflege (2015). Ein Arbeitnehmer, der sein Zeitwertkonto bespart, reduziert durch den Dotierungsvorgang sein Bruttoentgelt und damit die Bemessungsgrundlage für das Elterngeld, die Teilrente oder das Familienpflegedarlehen. Zusätzlich werden Entnahmen aus dem Zeitwertkonto auf das Elterngelt und die Teilrente angerechnet. Damit kollidieren die jüngsten Reformen und das Elterngeld partiell mit dem Instrument der Zeitwertkonten und bestrafen Mitarbeiter, die - ggf. vom Arbeitgeber gefördert - zum gleichen Zweck: also zur Kindererziehung, zur Familienpflege oder zur Flexibilisierung der ruhestandsnahen Lebensphase aus „eigener Tasche“ Wertguthaben bilden. Dieser Widerspruch sollte dringend zeitnah beseitigt werden.

Will der Gesetzgeber ferner den Anwendungsbereich von Wertguthaben außerhalb von Freistellungen erweitern, sollte er erneut über die Zulassung einer beitragsfreien Umwandlung von unverbrauchtem Wertguthaben zu Gunsten der Betrieblichen Altersvorsorge nachdenken. So sollte es z.B. im Falle der Invalidität erlaubt sein, angesparte Freizeit auf einem Wertguthaben wieder rentenerhöhend in Betriebliche Altersvorsorge umzuwandeln, ohne dass die Umwandlung eine Beitragspflicht nach sich zieht.

Schließlich sollte der Gesetzgeber den administrativen Aufwand von Zeitwertkonten für die Lohnbüros der Arbeitgeber reduzieren und gesetzliche Lücken schließen, wenn er die Verbreitung von Zeitwertkonten ernsthaft gerade bei KMU fördern möchte.

Als Sprachrohr für moderne Wertkontensysteme sind wir der Überzeugung, dass ein paar wenige Optimierungen ausreichen, einen erheblichen Beitrag für die bessere Verbreitung von Zeitwertkonten gerade bei KMU zu leisten. In diesem Kontext freut es uns, dass die Politik mit dem Weissbuch 4.0 im Zusammenspiel von Arbeit und Sozialstaatlichkeit auch Langzeitkonten in den Fokus rückt.

Über die AG ZWK

Die AGZWK ist ein von poli­tischen und wirt­schaft­lichen Inter­essen unab­hängiger Fach­verband. Ihr Zweck ist die Förder­ung und Ver­breitung von Zeitwert­konten als inno­vatives Instru­ment der Personal­arbeit und für Arbeit­nehmer wichtiges Ele­ment der Lebens­arbeits­zeit­gestaltung.

Als einge­tragener, 2006 gegrün­deter Verein hat die AG ZWK heute mehr als 100 Mitglieder, darunter Personal­verant­wortliche großer Unter­nehmen mit lang­jährig bestehen­den Lebens­arbeits­zeit­modellen, Vertreter von Gewerk­schaften und Arbeit­geber­verbänden wie auch renom­mierter Beratungs­gesell­schaften im Bereich der Ver­gütungs- und Vorsorge­gestaltung.

Die AG ZWK unter­stützt alle fach­lichen Bestre­bungen zur Imple­mentierung von Zeitwert­konten, insbeson­dere in Gestalt sog. Zeitwert­konten-Modelle. Sie wirkt mit bei der sozial­politischen, arbeits-, steuer- und sozial­versicherungs­rechtlichen und betriebs­wirt­schaftlichen Aus­gestal­tung dieser Modelle. Die Mit­wirkung erfolgt durch die Auf­klärung und Infor­mation von Unter­nehmen, Ver­bänden und der Öffent­lichkeit, den Meinungs­aus­tausch mit und die fach­liche Beratung von Organen der Legis­lative, Behörden, Mini­sterien und Ver­bänden, die Veran­staltung von Seminaren und Tagungen zur Infor­mation, Weiter- und Fort­bildung sowie die regel­mäßige Heraus­gabe von Publikationen.

Tragende Säulen der Verbands­arbeit sind Fach­ausschüsse zu den Themen­feldern Arbeits-, Sozial- und Insolvenz­recht, Admini­stration, Steuer- und Bilanz­recht sowie Kapital­anlage.

Besuchen Sie uns im Internet unter: www.agzwk.de

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