Zeitwertkonten erfüllen bereits heute das SPD-Konzept
Der Fachverband AG ZWK begrüßt die jüngst normierten Ziele der SPD in Sachen Arbeitszeitsouveränität: Die im Sozialgesetzbuch IV seit mehr als 20 Jahren verankerten Zeitwertkonten erfüllen genau die im Konzeptpapier der SPD enthaltenen Ziele schon heute. Ein Konzept allerdings, bezahlte Auszeiten vom Berufsleben künftig außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses, also nicht länger über den Arbeitgeber, sondern staatlich zu organisieren, bewerten wir aus arbeitsmarktpolitischen sowie praktischen Gründen kritisch.
Zeitwertkonten ermöglichen tausendfach Auszeiten zur Pflege, Betreuung, Kindererziehung, Qualifizierung und zur außerbetrieblichen Weiterbildung und dies für alle Beschäftigtengruppen. Sie sind bereits bestens eingebettet in das Sozialsystem und verhindern als bezahlte Zeit Einkommenseinbußen während einer Arbeitszeitverringerung z.B. während der Familienpflege- oder Brückenteilzeit.
Wie von der SPD gefordert, können Zeitwertkonten schon heute bei einem Arbeitgeberwechsel auf einen neuen Anschlussarbeitgeber einvernehmlich übertragen werden. Sollte ein Anschlussarbeitgeber ein solches Zeitwertkonto nicht anbieten, kommt sogar ein Übertrag auf die Deutsche Rentenversicherung Bund als Quasi-Arbeitgeber – und nicht etwa als Rentenversicherer – in Betracht. Übertragbarkeit der Zeitwertkonten ist damit schon jetzt gegeben.
Auch die im SPD Gedankenmodell angesprochene Sicherheit von Auszeitkonten ist seit 2009 gesetzlich verankert. Sie sind unter Androhungen sehr empfindlicher Sanktionen durch den Arbeitgeber gegen Insolvenz zu sichern. Auch dies erfolgt heute effizient und kostengünstig.
Die im SPD Konzept enthaltene staatliche Förderung von Zeitwertkonten ist zu begrüßen. Doch statt einer staatlichen Initialdotierung wäre es auch möglich, Arbeitgeber zu fördern, die ein solches Modell finanziell und organisatorisch unterstützen. In diesem Fall wären alle Beteiligten im Boot. Die Beschäftigten dotieren, der Arbeitgeber bezuschusst das Modell über den betrieblichen Beschäftigungsstatus und der Staat verzichtet in einem gewissen Umfang auf die Versteuerung und Verbeitragung bspw. des Arbeitgeberzuschusses. Dieses innovative Förderregime gibt es bereits für spezielle Wertguthabenmodelle, die als Altersteilzeit gemäß Altersteilzeitgesetz ausgestaltet sind. Dieses Altersteilzeitförderregime könnte schnell auch auf andere Freistellungszwecke ausgerollt werden.
Im Ergebnis können die unterstützungswürdigen Gedanken der SPD zu mehr „bezahlter Zeit“ während des Berufslebens hervorragend mit den bestehenden Instrumentarien abgebildet werden und auch bei einer staatlichen Förderung könnte man ohne große Gesetzesänderungen auf Bewährtes zurückgreifen.
Für den Vorschlag, die Zeitwertkonten zukünftig staatlich zu organisieren, fehlt es unseres Erachtens an einem entsprechenden Bedürfnis. Portierbarkeit und Insolvenzschutz sind bereits gegeben. Sollen zukünftig auch kleinere Guthaben übertragen werden, könnten die aktuellen Schwellenwerte für eine Übertragung zur Deutschen Rentenversicherung Bund von derzeit ca. EUR 18.000 WEST und ca. EUR 17.000 OST abgesenkt werden. Dies sollte zumindest erwogen werden, bevor der Staat selbst der Finanzierer, Organisator und Verantwortlicher von „Zeitkonten“ aller Beschäftigten wird.
Die Zeitwertkonten erfüllen bereits heute die von der SPD zu Recht angesprochenen dringend benötigten gesellschafts- und personalpolitischen Ziele nach mehr bezahlter Zeit. Wir würden es daher begrüßen, wenn das in Europa einzigartige und bewährte Instrument der Zeitwertkonten durch kleinere Anpassungen modernisiert würde, statt in jeder Legislaturperiode über seine Abschaffung oder jetzt eine teure und komplexe Verstaatlichung zu diskutieren.
Über die AG ZWK
Die AGZWK ist ein von politischen und wirtschaftlichen Interessen unabhängiger Fachverband. Ihr Zweck ist die Förderung und Verbreitung von Zeitwertkonten als innovatives Instrument der Personalarbeit und für Arbeitnehmer wichtiges Element der Lebensarbeitszeitgestaltung.
Als eingetragener, 2006 gegründeter Verein hat die AG ZWK heute mehr als 100 Mitglieder, darunter Personalverantwortliche großer Unternehmen mit langjährig bestehenden Lebensarbeitszeitmodellen, Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden wie auch renommierter Beratungsgesellschaften im Bereich der Vergütungs- und Vorsorgegestaltung.
Die AG ZWK unterstützt alle fachlichen Bestrebungen zur Implementierung von Zeitwertkonten, insbesondere in Gestalt sog. Zeitwertkonten-Modelle. Sie wirkt mit bei der sozialpolitischen, arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Ausgestaltung dieser Modelle. Die Mitwirkung erfolgt durch die Aufklärung und Information von Unternehmen, Verbänden und der Öffentlichkeit, den Meinungsaustausch mit und die fachliche Beratung von Organen der Legislative, Behörden, Ministerien und Verbänden, die Veranstaltung von Seminaren und Tagungen zur Information, Weiter- und Fortbildung sowie die regelmäßige Herausgabe von Publikationen.
Tragende Säulen der Verbandsarbeit sind Fachausschüsse zu den Themenfeldern Arbeits-, Sozial- und Insolvenzrecht, Administration, Steuer- und Bilanzrecht sowie Kapitalanlage.
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